Frechheittag
Wir sind also, wie es inzwischen deutlich geworden ist, einer Flutkatastrophe entkommen. Wir sind genau zum richtigen Zeitpunkt aus Köln geflüchtet, hatten maximal kleinere Überschwemmungen des Rhein-Radweges zu passieren. Einen Tag später sah es dort extrem anders aus. Es gab keine Radwege in Bonn mehr, wie uns die Freundin in Bonn per Bild zeigte. Auch der Ausblick von der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz hatte sich am nächsten Tag verändert und z.B. der Radweg, auf dem wir gekommen waren, der mit Fluttoren von der Innenstadt abgetrennt wurde, war nicht mehr zu sehen. Und die aktuelle Lage (Stand 16.7.2021) mit über hundert Toten ist einfach eine Katastrophe. Wir hatten riesiges Glück.
Malte hatte ihren Hinterreifen satt und stand um 9Uhr unten vor dem Fahradladen, während ich uns ein Lunchpaket bereitete und den Auszug aus der Jugendherberge über die Bühne brachte. Immerhin kamen von Malte aus gute Nachrichten, sie bekam einen neuen Mantel, der ihr auch schon drauf gezogen wurde. Wir hätten auch noch den Vorderradmantel austauschen lassen, wären wir bei der Abfahrt nochmal am Fahrradladen vorbei gekommen. Wir waren also sehr sehr entspannt. Um halb elf ging es dann erst richtig los. Wir dachten, wir könnten in Frankfurt nochmal zu Globetrotter und fuhren los. 122km vor uns, inklusive Globetrotter. Und dann gings los mit den Anstiegen. Und plötzlich landeten wir auf der vierspurigen B49 ohne Radweg. Da wir unser Leben sehr mögen, haben wir uns in den Graben geschlagen und Umleitungen gesucht. Möglicherweise Wanderwege? Oder über die Orte außen rum? Letztlich entschieden wir uns für die Orte, ein 10km Umweg. 4km bergab, 6km bergauf. Yeah - nicht... Und so ähnlich ging es die ganze Zeit weiter. Es gab viele Anstiege und Abfahrten auf denen man viel bremsen musste um heil runter zu kommen und beim letzten Anstieg (wir teilten der Freundin in Frankfurt schon mit, dass wir nicht vor acht und dann auch nicht vor neun ankommen würden) fing es auch noch an zu regnen. Danke für gar nichts. Und wir mussten schieben. Zu krasse Steigung. Regen, nasse Arme, in die klebende Regenjacke, es war kalt. Entschädigt hat uns einzig der Ausblick über das regenwolkenverhangene Frankfurt bei einsetzender Dämmerung. Unsere Statistik am Ende:
114,5km und sage und schreibe 1470 Höhenmeter.
Was für eine Frechheit. Das war nicht geplant, das hatten wir nicht bedacht und waren im A*** als wir dann gegen halb zehn bei der Freundin ankamen. Globetrotter fiel natürlich aus.
Malte fand diesen Tag tatsächlich weniger schlimm als den Vortag im Regen, weshalb sie mich am Ende nochmal motivieren konnte, denn es kam mir vor, als würden wir unendlich lang Fahrrad fahren ohne dass irgendein Kilometer herunterschmolz. Unendlich. Unendliches Fahrradfahren. Ich fand den Regentag weniger schlimm.
Und der möglicherweise schlimmste Tag mit 133km stand uns noch bevor, nämlich am Folgetag. Also irgendwie runter vom Rad, essen, schlafen, rauf aufs Rad und Abfahrt sollte um 8Uhr morgens sein.
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